Antifaschistische Proteste am 2. Mai 2020 in Freiburg

Deutsche Polizist*innen schützen die Faschist*innen

Am 2. Mai demonstrierten in Freiburg rund 800 Antifaschist*innen gegen eine Kundgebung der AFD auf dem Platz der Alten Synagoge. Für diesen Anlass wurden von einzelnen Freiburger Gruppen drei (Gegen-)Kundgebungen rund um den Platz angemeldet. Ein Großaufgebot der Polizei beschützte sowohl die 60 Nazis, die an der Kundgegung teilnahmen, als auch die drei weiteren rechten (Querfront-)Kundgebungen von Verschwörungserzähler*innen und Impfgegner*innen auf dem Rathausplatz, Kartoffelmarkt und Müsterplatz. Die rechten Kundgebungen richteten sich gegen die Coronamaßnahmen und leugneten die Gefährlichkeit des Virus.

Polizeigewalt tritt bei antifaschstisten Protesten meistens besonders hart auf. Das war am 2. Mai auch der Fall. BFE-Greiftrupps griffen mehrfach Antifaschist*innen an und nahmen Menschen fest, die alle am gleichen Tag wieder freigelassen wurden. Die Brutalität der  Cops ging mal wieder soweit, dass wiederholt mit Fäusten in die Gesichter von Aktivist*innen geschlagen und mehrere Menschen dabei verletzt wurden. Auch den Corona-bedingten Anspruch, räumlichen Abstand zu seinen Mitmenschen zu pflegen, wurde immer wieder von den Cops zunichtegemacht, als Aktivist*innen von durchgreifenden BFE-Einheiten aneindergedrängt wurden.
 
Ihr könnt euch wie immer gerne bei uns melden, wenn ihr während der Proteste Polizeigewalt erfahren habt, oder falls ihr Post von den Strafverfolgungsbehörden oder vom Gericht bekommen solltet. Auf unseren Blog sind auch einige Tipps im Umgang mit Vorladungen der Cops und Strafbefehlen zu finden [https://eafreiburg.noblogs.org/tipps-und-tricks/].
 
Wir demonstrieren wie wir wollen! Ohne Überwachung und Kontrollen!
Erstaunt sind wir darüber, dass gleich mehrere Gegenkundgebungen angemeldet worden sind. Uns erschließt sich nicht genau, was die Gruppen dazu bewegt hat, bei der Versammlungsbehörde um Erlaubniss für notwendigen antifaschistischen Protest zu fragen. Seit etlichen Jahren gibt es in Freiburg die schöne Praxis des Nicht-Anmeldens von Demonstrationen, welche damals hart erkämpft und durchgesetzt wurde. Bundesweit nahm Freiburg damit eine Sonderrolle ein und fuhr damit, was Versammlungen betrifft, bisher auch ganz gut. 
 
Wir wollen deshalb in diesem Text die Punkte nennen, weshalb es unserer Meinung nach wichtig ist, weiterhin selbstbestimmt zu demonstrieren ohne um Erlaubnis zu fragen.

Kontrolle, Kontrolle
Versammlungen werden nicht per se verboten oder von Gerichten nicht als solche anerkannt, weil sie nicht angemeldet wurden. Wieso dann also anmelden? “Damit der friedliche Ablauf gewährleistet wird, der Verkehr geregelt wird, die Demonstration nicht gestört wird und reibungslos ablaufen kann werden uns die Autoritäten erzählen. Aber wie sieht die Praxis denn dann in der Realität aus?
 
Mindestens eine Person muss zur Versammlungsbehörde und mit ihrem Namen die Demonstration anmelden. Dazu muss sie nicht nur Ihre Personalien angeben, sondern auch angeben, wieviel Personen sich versammeln wollen, die Kundgebungsorte, die Route und einen Titel der Versammlung. Die Versammlungsbehörde entscheidet dann, ob diese Demonstration erlaubt wird oder nicht. Auch werden sog. Auflagen erlassen – Bedingungen unter denen sie erlaubt sich zu versammeln z.B. Ordner*innen, wie nah der Kundgebungsort z.B. an eine AfD-Kundgebung sein darf, Länge der Transparente, maximale Teilnehmer*innen Anzahl, ob und welche Flyer verteilt werden dürfen und so weiter und so fort. Wird gegen diese Auflagen verstoßen muss der/die Anmelder*in, welche nun die Rolle der Versammlungsleitung inne hat, mit Strafen rechnen und/oder die Versammlung auflösen oder die Versammlung wird von der Polizei einfach selbst aufgelöst.
 
Wenn wir anmelden, werden uns die Autoritäten nur dann demonstrieren lassen, wenn es ihnen passt und nur zu ihren Bedingungen. Und damit sie diese “Bedingungen” nicht komplett alleine durchsetzen müssen, wälzen sie einen Teil davon auf die Anmelder*innen und die Ordner*innen ab. 
Gegen jede Autorität!
Doch zurecht wird eine Stellvertreter*Innen-Politik, wie sie das Versammlungsgesetzt vorsieht, hier scharf kritisiert und nicht akzeptiert. Warum sollten wir denn einen Teil von uns zu Erfüllungsgehilfen der Autoritäten machen lassen, wenn wir genau diese Autoritäten ablehnen und für eine herrschaftslose Gesellschaft demonstrieren/kämpfen?
Und nichts anderes als eine Herrschaftsform sind die Genehmigung und die Auflagen, die erlassen werden. Sowohl Anmelder*in, als auch Ordner*innen werden durch diese in eine autoritäre Stellung gehoben und damit beauftragt, die Versammlung unter Kontrolle zu halten. Zudem werden angemeldete Versammlungen oft aufgelöst, wenn kriminalisierte Protestformen in ihnen stattfinden. Proteste finden aber ihre Stärke gerade in dieser Vielfalt. 
 
Eine Anmeldung ist bereits bei einer Demonstration, die ausschließlich von einem Zusammenhang organisiert wird, sehr kritikwürdig. In dem Fall, dass einzelne Gruppen zu unangemeldeten Aktionen gegen eine faschistische Veranstaltung mobilisieren, erscheint uns eine Entscheidung von weiteren einzelnen Gruppen, mehrere Versammlungsorte des Gegenproteste anzumelden, allerdings noch bedenklicher. Mit solch einer Entscheidung werden Proteste vereinnahmt und es wird in Kauf genommen, dass nicht angemeldete antifaschistische Aktionen, die auch stattfinden, kriminalisiert und Ziel von Polizeigewalt werden.
 
Am 2. Mai wurden Versuche, die Zugänge zur AFD-Kundgegung ausserhalb der angemeldeten Versammlungen  zu blockieren, von der Polizei brutal aufgelöst. Dabei betonte die Einsatzleitung der Polizei, dass eben diese blockierenden Antifaschist*innen sich doch zu den angemeldeten Kundgebungen begeben sollten und löste diese (Blockaden) schlussendlich mit der Begründung auf, dass es sich dabei um NICHT-genehmigte Versammlungen handeln würde. Seitens der Teilnehmer*innen der angemeldeten Versammlung war zu diesem Zeitpunkt eine Solidarisierung mit den Blockierenden schwierig. Dazu hätten sie selbst gegen die Auflagen der angemeldeten Kundgebungen verstoßen müssen.
Warum also nun wieder dieses Anmelden von Protest?
Die Versammlungsbehörde, ein Teil der Polizei/Ordnungsamts, ist niemals unser Freund und wird uns auch niemals wohlwollend entgegenkommen. Warum sollten wir um Erlaubnis bei eben diesen Behörden fragen, die mit martialischen Polizeiaufgeboten und massiver Polizeigewalt Demonstrationen und Kundgebungen von Faschist*innen beschützt und ihnen den Weg frei prügelt?
Was uns dann noch bleibt ist rein symbolischer Protest, der den Autoritäten und den Faschist*innen nicht schadet. Und das in Zeiten, in denen die Zahl der rechten/rassistischen Anschläge und Morde immer weiter steigt, während an den Mauern der Festung Europa tausende ihr Leben lassen und wir von einer Krise in die nächste rutschen.
 
Freiheit wird nicht erbettelt, sondern erkämpft!
 
ea freiburg, Mai 2020