Polizeigesetz BaWü

Neues Polizeigesetz in Baden-Württemberg – eine Analyse [Mai 2020]

Klammheimliche Gesetzesverschärfung im Schatten der Öffentlichkeit
Das Innenministerium von Baden-Württemberg ist mal wieder dabei, im Schatten der Öffentlichkeit das Polizeigesetz in alarmierenden Maße zu verschärfen.

Polizeigesetz Baden-Würtemberg, Novellierung
in November 2017 beschlossen

ALKOHOLVERBOT

Die Polizei kann durch Verordnungen untersagen, in die Öffentlichkeit Alkohol zu konsumieren. „Das Verbot soll auf bestimmte Tage und an diesen zeitlich beschränkt werden.“

GEFÄHRDERIN

Person, die keine bestimmte Straftat begangen hat, oder zu begehen plant. Die Polizei muss lediglich die Person als Potentielle Störung / Bedrohung der öffentlichen Sicherheit / Ordnung betrachten.

FILMEN

Filmen(/Abhören) durfte die Polizei bereits vor der Novellierung:

– bei Öffentliche Veranstaltung/ Ansammlungen, wenn sie davon ausgeht dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, oder bei Befürchtung von terroristischen Attentaten,

– in der gesamten Öffentlichkeit, solange sie fürchtet, dass eine Straftat begangen werden soll, insbesondere aber an öffentlich zugänglichen Orten, wenn die Kriminalitätsstatistiken dort höher sind als anderswo.

BODYCAMS UND AUTOMATISCHE AUSWERTUNG

An diesen Orten darf die Polizei seit November 2017:

– die Aufnahmen automatisch auswerten,

– Bodycams tragen.

! Die Polizei darf eigentlich die Aufnahmen von Bodycams nur dann mehr als 60 Sekunden speichern wenn sie folgende Begründung hat:

– zum Schutz von Polizeibeamten oder Dritten,

– gegen eine Gefahr für Leib oder Leben !

! Die Polizei sollte eigentlich, soweit dies nicht Offenkundig ist, darauf hinweisen dass sie filmt und die Daten auswertet (wie sie das signalisieren will, bleibt abzuwarten) !

TERRORISMUS BEKÄMPFUNG

Der Polizei stehen nun folgende Befugnisse zu Verfügung, wenn sie das Gefühl hat, dass Menschen gute Terroristen abgeben würden.
Was einen Menschen ausmacht, der möglicherweise in der Zukunft eine terroristische Straftat begehen könnte, bleibt der Polizei und ihren Visionen, Gefühlen und stereotypischen Vorstellungen überlassen.Durch eine ungenau gehaltene Rechtssprache lässt das Polizeigesetz vollkommen offen, was die Polizei für Gründe braucht um Menschen mit diesen Maßnahmen zu bestrafen.

Telekommunikationsüberwachung

– die Telekommunikation eines Menschen oder die seiner Bekanntschaften überwachen
– sich in „informationstechnische Systeme“, also Rechner, Telefone von einem Menschen oder in die seiner Bekanntschaften zur „Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation“ hacken

Kontaktverbote

– jeglichen Kontakt zwischen Einzelpersonen oder zwischen Einzelpersonen und Gruppe(n) verbieten

Aufenthaltsvorgabe

– Personen dazu zwingen in ihren Wohnung zu bleiben, ein bestimmtes Gebiet nicht mehr zu verlassen, sich an bestimmten Orten nicht mehr aufzuhalten

Elektronische Aufenthaltsüberwachung

– eine Person dazu zwingen, eine elektronische Fußfessel zu tragen die der Polizei ihren Aufenthaltsort mitteilt.

EXPLOSIVMITTEL

Die Polizei darf nun Explosivmittel gebrauchen zur Verhütung von:

– Verbrechen (mit einem Mindesmaß von 1 Jahr Freiheitsstrafe bedroht),

– Vergehen (mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht) mit Gebrauch einer Schusswaffe oder Sprengstoff,

– Gefangenenbefreiungen: vom Gewahrsam von Sicherheitsverwahrte, Menschen die in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt untergebracht sind.

Explosivmittel dürfen nur dann gebraucht werden, wenn andere Waffen nichts gebracht haben, oder die Polizei der Ansicht ist, dass sie „keinen Erfolg versprechen“

Explosivmittel dürfen NICHT gegen Menschenmengen gebraucht werden

Der Einsatz muss durch die Leitung einer Polizeidienststelle angeordnet sein. Diese können die Anordnungsbefugniss an Beamte des höheren Dienstes übertragen.

Oktober 2018 Innenminister Strobl (CDU, Baden-Württemberg) plant weitere Verschärfungen des Polizei­gesetzes in Ba-Wü:
– präventive Onlinedurchsuchung auf Computern und Smartphones bei „Gefährder*innen“
– Gefährder*innen-Gewahrsam bis zu drei Monaten (bislang 14 Tage)
– DNA-Analyse zur Verhinderung von Straftaten
– Bodycam-Einsatz im Innenbereich (Privat­wohnungen, Gaststätten, Diskos) ohne richter­liche Zustimmung
– umfassende Personenkontrollen im Vorfeld von Demonstrationen
– Schleierfahndung (anlassfreie Kontrolle) bis zu 30km vom Grenzgebiet entfernt (das trifft ganze Städte wie Freiburg, Konstanz, Baden-Baden und Karlsruhe)