Wir melden Demos nicht an! Aus Gründen!!!

Aus gegebenem Anlass veröffentlichen wir nochmal UNSER SELBSTINTERVIEW VON MAI 2023, in welchem wir auf die Besonderheit hinweisen, in Freiburg keine Demos anzumelden.

Selbstinterview des EA Freiburg Mai 2023

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F: Hallo, stellt euch doch mal kurz vor.

A: Der Ermittlungsausschuss ist eine Gruppe Aktivist*innen, die gegen staatliche Repression agieren. Wir unterstützen Linke, die Stress mit Bullen haben, politisch und materiell.

Außerdem halten wir Vorträge und geben Workshops rund um das Thema Repression und wie wir uns davor schützen können. Während Demonstrationen machen wir Telefondienst, das bedeutet das wir während der Demo für euch telefonisch erreichbar sind falls es Stress mit den Cops gibt. Ihr könnt uns also anrufen, wenn ihr eine Festnahme beobachtet oder selbst festgenommen wurdet.

Wir schauen dann das keins verloren geht und kümmern uns gegebenenfalls um anwaltlichen Beistand.

F: Wie läuft denn so eine Demo und Versammlung im Normalfall ab?

A: Mindestens eine Person muss zur Versammlungsbehörde und mit ihrem Namen die Demonstration anmelden. Dazu muss sie nicht nur ihre Personalien angeben, sondern auch angeben, wie viele Personen sich versammeln wollen, die Kundgebungsorte, die Route und einen Titel der Versammlung. Die Versammlungsbehörde entscheidet dann, ob diese Demonstration erlaubt wird oder nicht. Auch werden sog. Auflagen erlassen – Bedingungen unter denen sie erlaubt sich zu versammeln – z.B. Ordner*innen, wie nah der Kundgebungsort z.B. an eine AfD-Kundgebung sein darf, Länge der Transparente, maximale Teilnehmer*innen Anzahl, ob und welche Flyer verteilt werden dürfen und so weiter und so fort. Wird gegen diese Auflagen verstoßen, muss der/die Anmelder*in, welche nun die Rolle der Versammlungsleitung inne hat, mit Strafen rechnen und/oder die Versammlung auflösen oder die Versammlung wird von der Polizei einfach selbst aufgelöst.

F: Kann ich denn davon ausgehen, dass wenn ich eine Demo anmelde, diese dann auch stattfinden darf?

A: Nein, Wenn wir anmelden, werden uns die Autoritäten nur dann demonstrieren lassen, wenn es ihnen passt und nur zu ihren Bedingungen. Und damit sie diese “Bedingungen” nicht komplett alleine durchsetzen müssen, wälzen sie einen Teil davon auf die Anmelder*innen und die Ordner*innen ab.

Wenn eine Demo nach einer Anmeldung verboten wird, bleibt nur noch die Klage und die Hoffnung das ein Gericht positiv für die Demo entscheidet. Das gleiche gilt für Auflagen, die von der Versammlungsbehörde erlassen wurden. Auch hier bleibt als alleiniges Mittel der Weg vor Gericht.

F: Es gibt ja hier in Freiburg eine bundesweite Einmaligkeit, was das Nichtanmelden von Demonstrationen angeht. Sind denn solche Demonstrationen überhaupt erlaubt?

A: Ja, auch nicht angemeldete Demonstrationen sind vom Versammlungsgesetz geschützt.

Versammlungen werden nicht per se verboten oder von Gerichten nicht als solche anerkannt, weil sie nicht angemeldet wurden. Seit etlichen Jahren gibt es in Freiburg die schöne Praxis des Nichtanmeldens von Demonstrationen, welche damals hart erkämpft und durchgesetzt wurde. Bundesweit nimmt Freiburg damit eine Sonderrolle ein und fährt damit, was Versammlungen betrifft, bisher auch ganz gut.

F: Warum haltet ihr nichts davon Demonstrationen anzumelden?

A: Wie weiter oben erwähnt brauchen angemeldete Demos eine Versammlungsleitung, welche zusammen mit den Ordner*innen die Auflagen der Versammlungsbehörde innerhalb der Demonstration durchzusetzen hat. Auch sehen wir es problematisch das eine Person stellvertretend für die gesamte Demo und deren Teilnehmer*innen verantwortlich ist und gleichzeitig als stellvertretende Person im Interesse der Ordnungsbehörden handeln muss und bei Verstößen dagegen haftbar gemacht werden kann. Eine solche Stellvertreter*innenpolitik, wie sie das Versammlungsgesetz vorsieht, lehnen wir ab. Warum sollten wir denn einen Teil von uns zu Erfüllungsgehilfen der Autoritäten machen lassen, wenn wir genau diese Autoritäten ablehnen und für eine herrschaftslose Gesellschaft demonstrieren/kämpfen?

Und nichts anderes als eine Herrschaftsform sind die Genehmigung und die Auflagen, die erlassen werden. Sowohl Anmelder*in, als auch Ordner*innen werden durch diese in eine autoritäre Stellung gehoben und damit beauftragt, die Versammlung unter Kontrolle zu halten. Zudem werden angemeldete Versammlungen oft aufgelöst, wenn kriminalisierte Protestformen in ihnen stattfinden. Proteste finden aber ihre Stärke gerade in dieser Vielfalt.

Die Versammlungsbehörde, ein Teil der Polizei/des Ordnungsamts, ist niemals unser Freundin und wird uns auch niemals wohlwollend entgegenkommen. Warum sollten wir um Erlaubnis bei eben diesen Behörden fragen, die mit martialischen Polizeiaufgeboten und massiver Polizeigewalt Demonstrationen und Kundgebungen von Faschist*innen beschützt und ihnen den Weg frei prügelt?

Was uns dann noch bleibt ist rein symbolischer Protest, der den Autoritäten und den Faschist*innen nicht schadet. Und das in Zeiten, in denen die Zahl der rechten/rassistischen Anschläge und Morde immer weiter steigt, während an den Mauern der Festung Europa tausende ihr Leben lassen und wir von einer Krise in die nächste rutschen.

F: Derzeit ist wieder vermehrt zu hören, dass angemeldete Demos mehr Schutz für die Teilnehmenden bieten würden als unangemeldete Demonstrationen. Was sagt ihr dazu?

A: Auch nicht angemeldete Demonstrationen sind durch das Versammlungsgesetz geschützt.

Was jedoch passieren könnte ist, dass die Cops mit einem größeren Aufgebot vor Ort sein könnten. Das können wir für Freiburg aber nicht bestätigen. Das Aufgebot richtet sich unserer Erfahrung nach eher nach der Thematik der Demo und wie dafür mobilisiert wurde.

Repression kann es unserer Meinung nach auf angemeldeten und unangemeldeten Demos gleichermaßen geben.

Eine Demo stellt so gesehen per se keinen Safe Space dar. Wenn die Cops die Demo angreifen oder Personen festnehmen wollen machen sie es, egal ob die Demo angemeldet ist oder nicht.

Was uns wichtig erscheint um Demoschutz zu gewährleisten ist ein Schutzkonzept für die Demo wie z.B. organisierte Reihen, Außenschutz, Lautischutz, wenn gewünscht Kommunikationsteam mit den Cops, Awarnesskonzept etc…

Wichtig bleibt auch weiterhin der Eigenschutz: kommt am besten in Bezugsgruppen, lasst unbedingt eure Handys zu Hause und auch Adressbücher, Kalender ect.

Überlegt euch vor der Demo an welchen Aktionsformen ihr/du teilnehmen möchtest.

Und quatscht auf keinen Fall mit den Cops!

Schaut auch auf unseren Blog oder in das Demo 1×1 der roten Roten Hilfe.